Listen Up!

In den Telefonzellen erfahren die Besucherinnen und Besucher eine digitale Simulation, in der sie das Gehör verlieren und mit einem Cochlea­-Implantat kommunizieren.

Eine der wahrscheinlich zentralsten Alltagstätigkeiten der Menschen auf der gesamten Welt ist die Kommunikation mit gesprochener Sprache. Sie ist Bestandteil nahezu jeder sozialen Interaktion und unerschöpflich in ihrer Komplexität und ihren Anwendungsbereichen. Seit der globalen Corona-Pandemie verläuft diese zwischenmenschliche Kommunikation zunehmend digital. Wir sprechen online über Mikrofone, sehen uns auf einem Bildschirm und hören uns oft nur über Kopfhörer.

GE street1 A revised
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Finden Sie mit einem Partner oder einer Partnerin die Unterschiede! Gar nicht so einfach, wenn Sie sich gegenseitig schlecht verstehen. (Yadav, Manuj, Schuetze, Julia, & Wagener, Kirsten C. (2020). PDF and Photoshop files of DiapixGE picture materials - adapted German version. Zenodo. https://doi.org/10.5281/zenodo...)

Listen up! Speak up!

In der Ausstellung können Sie Teil einer solchen Kommunikation werden, die wir heute tagtäglich erleben: Zwei Menschen debattieren online über einen Sachverhalt. Hierzu nehmen Sie und Ihr Gesprächspartner in unterschiedlichen Kabinen Platz, sozusagen modernen Telefonzellen. Sie sprechen über Mikrofon und Kopfhörer mit Ihrem Gegenüber und hören ihn, während Sie sich gegenseitig auf dem Bildschirm sehen.

Nach kurzer Zeit in der Kabine verändert sich die Situation jedoch drastisch. Die Stimmen tönen plötzlich stark entstellt. Es wirkt, als würden Sie dauerhaft das Signal verlieren oder müssten sich trotz einer ganz schlechten Leitung austauschen. Die Kommunikation wird schwierig. Unweigerlich suchen wir in solchen Situationen nach Möglichkeiten, weiter zu kommunizieren – indem wir versuchen, unsere Sprechweise anzupassen, um unsere Sprache für den Gesprächspartner besser verständlich zu machen, oder indem wir vermehrt auf den Bildschirm achten, denn die Lippenbewegungen und der Gesichtsausdruck des Gegenübers helfen uns, die gestörte Stimme besser zu verstehen.

«Öffnen Sie sich für neue Denkanstösse zur Kommunikation in der realen und der digitalen Welt.»

Aber damit nicht genug. Irgendwann verschwindet in der Kabine auch das Bild. Nun sind Sie in einer Situation gefangen, in der Sie nur noch über rudimentäre akustische Signale kommunizieren können. Sie werden zurückversetzt in die Anfänge der Telefonkommunikation oder, mehr noch, in die letzten beiden Monate vor Ihrer Geburt, als Sie im Mutterleib die ersten sprachlichen Signale aus der äusseren Welt wahrnahmen. Ist Kommunikation dann noch möglich? Probieren Sie es aus! Es wird nur funktionieren, wenn Sie mit Ihrem Gesprächspartner gut kooperieren. Öffnen Sie sich für neue Denkanstösse zur Kommunikation in der realen und der digitalen Welt.

UZH GRC Planet Digital 7556 Bruederli 2022

Im Inneren der Telefonzelle. (© Frank Brüderli)

Gut zu wissen: Die Stimmen werden mit einem digitalen Rausch-Vocoder generiert. Dabei werden die spektralen (Frequenz-) Merkmale der Stimme fast gänzlich entfernt, und es verbleibt nur noch der grobe zeitliche Ablauf des Signals. Der Höreindruck ist vergleichbar mit dem eines Cochlea-Implantats. Solche Implantate können für die Regeneration der Hörleistung bei einem Hörverlust verwendet werden, der durch eine Dysfunktion im Bereich des Innenohrs bedingt ist. In der Kabine bekommt man somit auch eine Vorstellung davon, wie es sein könnte, mit einem Cochlea-Implantat zu kommunizieren. Der Höreindruck mit heutigen Cochlea-Implantaten ist jedoch in der Regel deutlich besser als die Art der Simulation, die für die Ausstellung gewählt wurde.

Die Kommunikation unter schwierigen Bedingungen ist auch Gegenstand zahlreicher wissenschaftlicher Studien, die untersuchen, wie Menschen ihre Stimme anpassen, wenn sie unter schwierigen Kommunikationsbedingungen sprechen. So lassen sich wichtige Erkenntnisse darüber gewinnen, wie Sprachsignale akustisch aufgebaut sind und wie Informationen darin codiert sind. Mit solchen Daten können auch digitale Systeme trainiert werden. Nach der Teilnahme an Listen up! haben Sie die Möglichkeit, Ihre Stimme anonymisiert für wissenschaftliche Untersuchungen zur Verfügung zu stellen.

Beteiligte Listen Up!

Prof. Dr. Volker Dellwo, Institut für Computerlinguistik & Linguistic Research Infrastructure, UZH
Andrew Clark Linguistic Research Infrastructure, UZH
Dr. Claudia Roswandowitz, Institut für Computerlinguistik, UZH
Dr. Thayabaran Kathiresan, Telepathy Labs, Zürich

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