Kamituga | Digital Gold

Dieser Teil der Ausstellung «Planet Digital» ermöglicht eine Blick unter die glänzenden Oberflächen der Mobiltechnologie-Branche. Im Fokus stehen die konkreten Herausforderungen und Lebensbedingungen der Bergleute im kleingewerblichen Goldabbau der Region Kamituga (Demokratische Republik Kongo). Cette partie de l‘exposition Planet Digital offre un aperçu des dessous de l‘industrie des technologies mobiles et se concentre sur les défis concrets et les conditions de vie des mineurs d‘or artisanaux dans la région de Kamituga (République démocratique du Congo). Tour en français.

Willkommensgruss an die Brüder und Schwestern in Kamituga
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Video 1: PhD candidate Gabriel Kamundala, Department of Geography, University of Zurich. Video by Alan Sahin, ZHdK ©2021

Die Geographie des kleingewerblichen Goldabbaus

Die Produktion von Smartphones, Tablets und Computern nimmt stark zu, nicht zuletzt, weil der Wandel zu einer grünen Wirtschaft und Gesellschaft auch auf der Digitalisierung beruht. Diese Geräte funktionieren jedoch nicht ohne die seltenen Erden, die für ihre Bestandteile verwendet werden. Gold ist eines dieser wertvollen Mineralien: Etwa 7 % des weltweiten Goldes werden für technische Zwecke verwendet. Dazu gehören (Laptop-)Computer, Kameras und Smartphones. Diese Geräte nutzen Gold als chemisch stabilen und hervorragenden Leiter für ihre leistungsfähigen elektronischen Schaltungen.

Trotz seines wichtigen Beitrags zur globalen digitalen Wirtschaft bleibt das Goldgeschäft uneinheitlich und undurchsichtig. Besonders problematisch ist dies für die weltweit tätigen Arbeiter und Arbeiterinnen, von denen etwa 80 Prozent im so genannten handwerklichen und kleingewerblichen Bergbau in Afrika, Asien und Lateinamerika tätig sind. Schätzungen zufolge arbeiten rund 45 Millionen Menschen in 60 Ländern im kleingewerblichen Bergbau verschiedener Mineralien, wobei der Goldbergbau etwa die Hälfte aller Beschäftigten ausmacht. Zwischen 10-50 % sind Frauen und Minderjährige, wobei die Zahlen je nach geographischer Lage sehr unterschiedlich ausfallen. In der Regel sind Frauen und Kinder an der Verarbeitung des Erzes beteiligt, während erwachsene Männer die Ausgrabungen machen und die Minen kontrollieren. Schätzungen zufolge sind weltweit rund 150 Millionen Menschen vom kleingewerblichen Goldbergbau in abhängig.

In den Minen kommt es häufig zu Unfällen, und die Gesundheitsbedingungen sind aufgrund der Quecksilber- und Staubbelastung schlecht. Gleichzeitig leistet der kleingewerbliche Bergbau einen wesentlichen Beitrag zum Lebensunterhalt von Millionen von Menschen, denn er generiert Kapital, das wiederum in den Einzelhandel, in Immobilien, Restaurants und Hotels sowie in den Konsum der Haushalte investiert wird.

Digitales Gold kann Privilegien sowohl verhindern als auch ermöglichen. Diese Zwiespältigkeit bildet die Grundlage für den Ausstellungsbereich «Kamituga | Digital Gold». Die Besucherinnen und Besucher erhalten Einblicke unter die glänzenden Oberflächen der Mobiltechnologie-Branche und begegnen konkreten Lebensbedingungen und Herausforderungen und der kleingewerblichen Bergleute in der Demokratischen Republik Kongo. Sie können so Etappen der Goldgewinnung und deren globalen Verstrickungen nachvollziehen. Die digitale Technologie versetzt die Besucherinnen und Besucher aber auch in die Lage, über die Distanz hinweg zu kommunizieren. Sie – und gleichzeitig auch die kleingewerblichen Bergleute in Kamituga – sind eingeladen, dies zu nutzen und ihre Erkenntnisse oder auch ihre Ratlosigkeit auf der Kommentarseite zu teilen.

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Abb.1: Vollständiges 3D-Modell einer kleinen Goldmine in Kamituga. Der dazu notwendige Scan wurde im Inneren des handgegrabenen Stollens mit einem Smartphone durchgeführt. Der Eingang befindet sich auf der linken Seite. Die Bilder und das Video weiter unten zeigen die subjektive Sicht während einer virtuellen Erkundung. Screenshot, ZHdK ©2022

Das Unbehagen mit digitaler Technik

Eine grundsätzliche Frage begleitete die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen dem Departement Geographie (UZH) und dem Immersive Arts Space (ZHdK) von Anfang an: Ist es sinnvoll, energieintensive Technik mit grossem Bedarf an seltenen Erden und Gold einzusetzen, um die Problematik bei der Gewinnung ebendieser Mineralien darzustellen und das Bewusstsein dafür zu schärfen? Die gewählte Gestaltung der Ausstellung betont die Widersprüche und zielt darauf ab, dass das daraus resultierende Unbehagen der Zuschauerinnen und Zuschauer zum Ausgangspunkt eines verstärkten Bewusstseins wird.

Die Raumgestaltung der Ausstellung betont das Spannungsverhältnis zwischen der Art der Präsentation und den sozialen und ökologischen Auswirkungen der Gewinnung seltener Mineralien. Im Zentrum befindet sich eine hell beleuchtete Auslage mit Smartphones und Tablets, die an luxuriöse Verkaufsläden erinnert. Um den zentralen Raum herum führt ein runder Korridor. Von dort wird der Weg frei zu kleineren Räumen, in denen Einblicke in Lebens- und Arbeitssituationen des kleingewerblichen Goldabbaus möglich werden. Hier rückt die digitale Technik in den Vordergrund und fügt sich in die räumliche Gestaltung ein.

Ausgangspunkt für alle digital-basierten Erlebnisse sind Fotografien, Videos und 3D-Scans, die der PhD-Kandidat Gabriel Kamundala im Sommer 2021 in Kamituga mit einem Smartphone der neuesten Generation aufgezeichnet hat. Das am weitesten verbreitete Gerät, in dem Gold und seltene Erden eingesetzt werden, bringt die konkreten Lebensbedingungen vor Ort näher und macht so auf die vielschichtigen Herausforderungen der Mobiltechnologie-Branche aufmerksam.

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Pose tracking

Abb.2: Blick in ein 3D-Modell einer Mine in Kamituga, basierend auf einem 3D-Scan mit einem Smartphone.
Abb.3: Die Navigation in den 3D-Räumen basiert auf der Grundlage von Körper-Tracking Screenshot, GIF, ZHdK ©2022

Mit 3D-Scans und Tracking werden zwei Aspekte neuer Technologie besonders hervorgehoben. Mit dem eingebauten Scanner im Smartphone konnte Gabiel Kamundala enge Minengänge und andere Räume als digitale 3D-Modelle erfassen. Die Scans sind in der Ausstellung als Teil von interaktiven, räumlichen Erfahrungen zu erleben. Die dazu notwendige Navigation erfolgt auf der Grundlage von Körper-Tracking . Mit Kopfbewegungen können sich Besucherinnen und Besucher im digitalen 3D-Raum bewegen, ohne auf Virtual-Reality-Brillen oder andere Geräte angewiesen zu sein. Gleichzeitig kann das hier angewandte einfache Tracking (ohne Datenspeicherung) beim Publikum das Bewusstsein für die zunehmend allgegenwärtigen Trackingmethoden stärken.

Im runden Korridor treffen die Besucherinnen und Besucher auch auf Texte, die sie auf den globalen Kontext der gerade gemachten Erfahrungen aufmerksam machen. Mit Hilfe von QR-Codes können sie ergänzende Informationen auch direkt vor Ort auf ihren Smartphones abrufen. So wird das Bewusstsein gestärkt für die Abhängigkeit von seltenen Mineralien als Teil unseres digitalisierten Lebens und auch für die problematischen Seiten der Lieferketten in der Mobiltechnologie-Branche.

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Video 2: Besucherinnen und Besucher können die Goldmine virtuell erkunden, indem sie sich vorwärts und rückwärts bewegen und sich umsehen. Mit ihrer rechten Hand steuern sie die virtuelle Taschenlampe. Videosimulation, ZHdK ©2022

Erfahren Sie mehr über den globalen Kontext

In der Ausstellung helfen Texte, den Kontext zu erweitern und die globalen Zusammenhänge von Gold und seltenen Mineralien in der Mobiltechnologie-Branche aufzuzeigen. Auf den unten verlinkten Seiten finden Sie die Texte der Ausstellung sowie zusätzliche Informationen:
Handwerklicher und industrieller Bergbau
Ausgegrenzte Arbeitskräfte, prekäre Bedingungen
Und die Schweiz?
Lebensgrundlage für Millionen
Was können wir tun?

04 DG BITENDANWA SALOME
05 DG portrait miners
02 DG DRC making of c
03 DG DRC making of c

Abb.4 und 5: Salome Bitendanwa and Steve, kleingewerbliche Bergleute in Kamituga, Bilder: Gabriel Kamundala ©2021
Abb. 6: Mulonda (rechts) im Gespräch mit dem Forscher Gabriel Kamundala (links), Bild: Alfred Bora-Uzima / ©2021
Abb.7: Gabriel Kamundala (links) bei der Interviewarbeit inmitten von Minenarbeitern in Kamituga , Photo by Alfred Bora-Uzima ©2021

Kommentarseite

Teilen Sie Ihre Eindrücke, Bemerkungen und Fragen auf unserer Kommentarseite.

Die Macherinnen und Macher von Kamituga | Digital Gold

Geographisches Institut, , Universität Zürich:
Recherchen, Interviews, 3D-Scans, Videos, Fotografien: Gabriel Kamundala, Geographisches Institut, UZH
Supervision und inhaltliche Gestaltung: Dr. Timothy Raeymaekers, Geographisches Institut, UZH,
Dr. Muriel Côte, Privatdozentin, Fachbereich Humangeographie, Universität Lund

Forschungspartner:
University of Zimbabwe
University of Ouagadougou I
Institut National des Sciences des Sociétés (Burkina Faso)
Groupe d’Etudes sur les Conflits et la Sécurité Humaine (DR CONGO)

Immersive Arts Space, Zürcher Hochschule der Künste ZHdK:
Szenografie: Mariana Vieira Gruenig
Interaction Design, 3D Experience: Chris Elvis Leisi
Spatial Augmented Reality Engineer: Florian Christoph Bruggisser
Videoschnitt, Storytelling: Alan Sahin
Tongestaltung: Patrycja Pakiela
Zusätzliche Tonaufnahmen vor Ort: Alfred Borauzima
Übersetzungen, englisches Lektorat: Alliance Riziki Murhula, Edward Wright
Synchronstimmen: Shabnam Chamani, Rino Hosennen
Cheftechniker: Sébastien Schiesser
Produktionsleitung: Kristina Jungic
Projektleitung: Prof. Christian Iseli

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